TOBIAS WEBER · GENEALOGIE

Historische Forschungen und Ahnenforschung in Ostbayern
Transkription alter Handschriften · Übersetzung kirchenlateinischer Texte


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Tobias Weber · Genealogie

Einführung in die Genealogie
 
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HINWEIS: Dieser Text wurde im Jahr 2001 erstellt und seitdem nicht mehr aktualisiert! Viele Angaben zu Hilfsmitteln und Quellen sind deshalb heute veraltet.

1. Vorbemerkungen
1.1. Begriffserklärungen
1.2. Genealogie als Wissenschaft
2. Zur Geschichte der Genealogie
2.1. Ur- und Frühzeit
2.2. Antike und Mittelalter
2.3. Neuzeit
3. Arbeitstechniken der Ahnenforschung
3.1. Sammeln
3.2. Auswerten
3.3. Dokumentieren
3.4. Veröffentlichen
4. Hilfsmittel
4.1. Bücher
4.2. Vereine
4.3. Computerprogramme
4.4. Datenbanken
4.5. Internet
5. Literatur

 
1. Vorbemerkungen
Die folgenden Ausführungen sollen dem interessierten Laien einen ersten Überblick über die Grundlagen der privaten Ahnenforschung vermitteln. Eine erschöpfende Behandlung des Themas ist daher weder möglich noch beabsichtigt; vielmehr wird das Hauptgewicht auf diejenigen Fragen gelegt, die einem sinnvollen Einstieg in die Genealogie an häufigsten entgegenstehen.

 
1.1. Begriffserklärungen
Genealogie: Ein (alt-)griechisches Fremdwort aus geneá = Geschlecht, Familie, Nachkommenschaft (lat. genus, -eris) und lógos = das Sprechen bzw. die Lehre (von etwas); genealogía als zusammengesetztes Wort bedeutet im Griechischen und Lateinischen ursprünglich Geschlechtsregister, Stammtafel. Genealogie bezeichnet heute in erster Linie die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit familienkundlichen Themen, während die deutschen Begriffe
Ahnenforschung, Familienforschung, Sippenforschung eher für die hobbymäßige Beschäftigung mit der Geschichte der eigenen Familie verwendet werden. Es handelt sich dabei um Übersetzungen für das Wort Genealogie, die synonym gebraucht werden können. Familienforschung ist heute der gängigste Ausdruck, Ahnenforschung gilt als etwas antiquiert, Sippenforschung ist seit der NS-Zeit so ideologisch belastet, daß der Begriff praktisch nicht mehr verwendet wird. Im folgenden ist normalerweise von Ahnenforschung die Rede, weil damit die Suche nach den Vorfahren besser zum Ausdruck kommt, während Familienforschung einen weiteren Bogen in die Gegenwart schlägt (so sind z. B. viele deutschstämmige Amerikaner mehr an der Suche nach heute noch in Deutschland lebenden Nachfahren ihrer ausgewanderten Ahnen interessiert als an den Vorfahren selbst).

 
1.2. Genealogie als Wissenschaft
Als Wissenschaft im modernen Sinn gilt die Genealogie erst seit dem Ende des 18. Jahrhunderts. Sie erforscht anhand historischer Quellen verwandtschaftliche und familiäre Zusammenhänge, beschreibt und dokumentiert diese und stellt sie der wissenschaftlichen Interpretation durch andere Disziplinen (etwa Geschichtswissenschaft oder Soziologie) zur Verfügung. Normalerweise wird die Genealogie als sogenannte „historische Hilfswissenschaft“ eingestuft; weniger despektierlich wäre die Benennung als Teildisziplin der Geschichtswissenschaft.
Eine ganze Reihe von Nachbardisziplinen ist mehr oder weniger eng mit der Genealogie verzahnt bzw. wird für genealogische Forschungen zu Hilfe genommen. Die wichtigsten sind zunächst die historischen Hilfswissenschaften Paläographie (Alte Schriftkunde), Chronologie (Zeitrechnungslehre), Diplomatik (Urkundenlehre), Heraldik (Wappenkunde), Numismatik (Münzkunde), Historische Metrologie (Maßkunde), Sphragistik (Siegelkunde), Kartographie (Landkartenkunde) und Vexillologie (Fahnenkunde). An eigenständigen Wissenschaften mit Bezug zur Genealogie sind zu nennen die Kunstgeschichte, Philologie (Sprachkunde), Namenkunde, Soziologie (Gesellschaftslehre), Rechtswissenschaft und Humangenetik.

 
2. Zur Geschichte der Genealogie
Genealogie im weitesten Sinne ist fast so alt wie die Menschheit selbst. Schon der Historiker Gatterer erkannte, daß es „Genealogie eher unter den Menschen gab als Historie“.

 
2.1. Ur- und Frühzeit
Die Frage „Was war vor mir?“ bzw. die Weitergabe von Wissen um die Vorfahren spricht schon aus den Lebensgewohnheiten der ältesten bekannten Menschen, aus ihren Höhlenmalereien und Totenkulten; auf derselben Stufe stehen die Ahnenkulte der sogenannten „Naturvölker“, in denen das Wissen um die Vergangenheit des eigenen Stammes durch meist mündliche Überlieferung präsent gehalten wird.

 
2.2. Antike und Mittelalter
Erst mit dem Auftreten schriftlicher Quellen läßt sich genauer erfassen, wie und warum frühere Völker die Erinnerung an ihre Vorfahren wachgehalten haben. Von der Abkunft erzählen (so die wörtliche Übersetzung des griechischen genealogein) „ist in einer urtümlichen, von Familienclans beherrschten Gesellschaft ein notwendiges, mit Stolz geübtes Wissen“ (Burkert); ob in Ägypten, Griechenland oder Rom, überall war man bemüht, die Abstammung der Sippe von mythischen, meist halbgöttlichen Helden und darüber hinaus von einer Gottheit selbst nachzuweisen. „Die beginnende Geschichtsschreibung steht daher einer Masse widersprüchlicher Traditionen gegenüber, die sie nun als historische Faktizität versteht und mit gewaltsamem Rationalismus auszugleichen sucht“ (Burkert). Es ist daher eine wichtige Feststellung, daß Genealogie in der Antike niemals zweckfrei im Sinne einer modernen empirischen Wissenschaft betrieben wurde. Wenn Ahnenreihen zusammengestellt wurden, dann immer mit einer konkreten Absicht, der im Zweifelsfalle die historische Wahrheit untergeordnet wurde.

 
Eines der bekanntesten Beispiele antiker Genealogien bildet der sogenannte „Stammbaum Jesu“ am Beginn des Matthäus-Evangeliums [Text: Mt 1,1-16], zusammen mit der Ahnenliste im Lukas-Evangelium [Text: Lk 3,23-38].
Matthäus 1,1-16
 
1   Stammbaum Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams.
2   Abraham zeugte den Isaak,
     Isaak zeugte den Jakob,
     Jakob zeugte den Judas und seine Brüder,
3   Judas zeugte den Phares und den Zara mit der Thamar,
     Phares zeugte den Esrom,
     Esrom zeugte den Aram,
4   Aram zeugte den Aminadab,
     Aminadab zeugte den Naasson,
     Naasson zeugte den Salmon,
5   Salmon zeugte den Booz mit der Rachab,
     Booz zeugte den Jobed mit der Ruth,
     Jobed zeugte den Jesse,
6   Jesse zeugte David, den König.
     David zeugte den Salomon mit der Frau des Urias.
7   Salomon zeugte den Roboam,
     Roboam zeugte den Abia,
     Abia zeugte den Asaph,
8   Asaph zeugte den Josaphat,
     Josaphat zeugte den Joram,
     Joram zeugte den Ozias,
9   Ozias zeugte den Joatham,
     Joatham zeugte den Achaz,
     Achaz zeugte den Ezechias,
10 Ezechias zeugte den Manasses,
     Manasses zeugte den Amos,
     Amos zeugte den Josias,
11 Josias zeugte den Jechonias und seine Brüder zur Zeit der Wegführung nach Babylon.
12 Nach der Wegführung nach Babylon zeugte Jechonias den Salathiel,
     Salathiel zeugte den Zorobabel,
13 Zorobabel zeugte den Abiud,
     Abiud zeugte den Eliakim,
     Eliakim zeugte den Azor,
14 Azor zeugte den Sadok,
     Sadok zeugte den Achim,
     Achim zeugte den Eliud,
15 Eliud zeugte den Eleazar,
     Eleazar zeugte den Matthan,
     Matthan zeugte den Jakob,
16 Jakob zeugte den Joseph, den Mann Marias, von der Jesus geboren wurde, der Christus genannt wird.
17 Insgesamt sind es demnach von Abraham bis David vierzehn Geschlechter und von David bis zur Wegführung nach Babylon vierzehn Geschlechter und von der Wegführung nach Babylon bis Christus vierzehn Geschlechter.
Lukas 3,23-38
 
23  [Jesus] war, wie man glaubte, der Sohn Josephs, (des Sohnes) des Heli,
24  des Matthat, des Levi, des Melchi, des Jannai, des Joseph,
25  des Mattathias, des Amos, des Naum, des Esli, des Naggai,
26  des Maath, des Mattathias, des Semein, des Josech, des Joda,
27  des Joanan, des Resa, des Zorobabel, des Salathiel, des Neri,
28  des Melchi, des Addi, des Kosam, desElmadam, des Er,
29  des Jesus, des Eliezer, des Jorim, des Matthat, des Levi,
30  des Symeon, des Juda, des Joseph, des Jonam, des Eliakim,
31  des Melea, des Menna, des Mattatha, des Natham,
      des David,
32  des Jesse,
      des Jobed,
      des Boos,
      des Sala,
      des Naasson,
33  des Aminadab,
      des Admin,
      des Arni,
      des Esrom,
      des Phares,
      des Juda,
34  des Jakob,
      des Isaak,
      des Abraham,
      des Thara, des Nachor,
35  des Seruch, des Ragau, des Phalek, des Eber, des Sala,
36  des Kainam, des Arphaxad, des Sem, des Noe, des Lamech,
37  des Mathusala, des Enoch, des Jaret, des Maleleel, des Kainam,
38  des Enos, des Seth, des Adam,
      –  Gottes.

 
Beide Texte entstanden in der zweiten Hälfte des ersten nachchristlichen Jahrhunderts; an ihnen läßt sich beispielhaft demonstrieren, daß Abstammung nicht (bzw. nicht nur) als biologische Herkunft verstanden wird.
Das den beiden Texten zugrundeliegende Verständnis von Abstammung ist aus ihrer Zusammenschau erkennbar. Eine Gegenüberstellung zeigt, daß beide völlig unabhängig nebeneinander stehen, obwohl sie jeweils die Abstammung Josefs, des Mannes Marias, beschreiben. Nun ist ja bekanntlich nach Aussage der Evangelien Josef nicht der leibliche Vater Jesu (vgl. Mt 1,18-20; Lk 1,34f;); warum also legen die Evangelisten solchen Wert auf seine Herkunft, nicht aber auf die Marias?
Nach jüdischem Brauch wurden Geschlechterfolgen nur über die männlichen Ahnen geführt; aufgrund der Bedeutung, die man ihnen zumaß, wurden private und amtliche Ahnenverzeichnisse in staatlichen jüdischen Archiven verwahrt und konnten als Quellen für Bearbeitungen wie die hier vorliegenden Texte dienen. Durch sein Verlöbnis mit Maria – dem im Judentum die gleichen Rechtswirkungen wie der Ehe zukamen – wurde Josef der gesetzliche Vater Jesu; dadurch „trat Jesus in die Geschlechterfolge ein, die zu David und Abraham, den Trägern der messianischen Verheißungen, führt“ (Staab).
Daß es sich nicht um biologische Abstammungslisten im heutigen Verständnis handeln kann, wird aus den einzelnen Namen ersichtlich, die Matthäus und Lukas als Vorfahren des Josef anführen. „Lukas allein bringt die Namen von Adam bis Abraham; er hat sie der Genesis ... entnommen. ... Von Abraham bis David stimmen die Namen überein; Quelle war das Alte Testament. Aber nach David trennen sich die Stammbäume. Matthäus führt seine Reihe über Salomon, den Thronerben Davids, und gelangt über Jakob zu Joseph, Lukas dagegen führt seine Reihe über den weniger bekannten Davidssohn Natham ... und erreicht Joseph über Heli. Nur die zwei Namen Zorobabel und Salathiel decken sich in dieser Zeitperiode. Und wenn die Namensträger in beiden Reihen die gleichen Personen sind, woran kaum zu zweifeln ist, so erschwert dies noch die Sachlage; denn es stellt sich dann zweimal die Frage, wie die auseinandergehenden Stammbäume sich wieder treffen konnten“. Ferner „liegt offen zutage, daß beide Stammbäume nicht vollständig sein können, weil für die umfaßten Zeiträume die Zahl der Generationen viel größer sein müßte“ (Staab).
Welchen Sinn haben aber dann diese „Stammbäume“? Grundvoraussetzung für die richtige Beurteilung ist die Erkenntnis, daß die Evangelien – wie die Bibel überhaupt – nicht als Geschichtswerke verfaßt wurden, sondern als Verkündigung der Botschaft Jesu. Ihr Inhalt ist daher diesem Zweck untergeordnet. Matthäus wendet sich an eine judenchristliche Gemeinde und „will Jesus als Sohn Davids und als den erweisen, in dem die David und schon vor ihm Abraham gegebenen Verheißungen ihre Erfüllung gefunden haben. Daher gibt er die Geschlechterfolge von Abraham an in absteigender Linie“; Lukas hingegen, der eine heidenchristliche Leserschaft vor Augen hat, „blickt über die Grenzen Israels hinaus auf die gesamte Menschheit, die Jesus zu erlösen kam; darum bringt er die Ahnenreihe von Jesus aufsteigend bis zu Adam, der von Gott erschaffen wurde.“ Gemeinsam ist beiden Geschlechterfolgen, daß sie „in Jesus Christus ihr gottgewolltes Ziel“ finden (Staab).
Bei Matthäus wird diese theologische Zielsetzung des Verfassers in zwei weiteren Details deutlich. Er nennt – entgegen der im Judentum üblichen Praxis – an vier Stellen seines Stammbaums die Namen von Frauen. Alle vier passen so gar nicht in das Schema vom „astreinen“ Messias-Stammbaum nach jüdischer Tradition, denn Thamar gebiert Zwillinge von ihrem Schwiegervater Juda, Rahab ist Prostituierte, Bethsabee gibt sich dem König David hin, nachdem dieser zuvor ihren Ehemann Urias beseitigen ließ; Ruth schließlich ist eine Moabitin, also wie die Kanaanitin Rahab eine Ausländerin, eine Nicht-Jüdin. Wenn sie trotzdem in einer Schrift genannt werden, die neugegründete Christengemeinden im Glauben bestärken und ermutigen soll, dann kann dies nur bedeuten: Jesus hat die alten Verheißungen Gottes an Abraham und David nun an allen Menschen erfüllt, nicht nur an den Kindern des Volkes Israel; und als Messias kommt er nicht nur zu den Gerechten (was im jüdischen Sprachgebrauch soviel bedeutet wie bei uns „Heiliger“), sondern gerade auch zu den Sündern.
Schließlich weist auch das Zahlenspiel am Ende des Stammbaums auf die Absicht des Autors hin. Die Zahl 14 entspricht dem Zahlenwert des hebräischen Namens David (Daleth+Waw+Daleth = 4+6+4).
Doch nicht nur im Orient wurde so verfahren. In Griechenland wurde auf eugeneía (= gute, edle Herkunft) „größter Wert gelegt, doch nicht die Stammreihe selbst war wesentlich, sondern der Stammvater, der an ihrem Anfang stand“ (Henning/Ribbe). Ziel war es, den genealogischen Zusammenhang mit der Zeit der mythischen Helden herzustellen, die mit der Zeit des Troianischen Krieges identifiziert wurde. Daher versteht sich fast von selbst, daß nur der Adel „genealogiefähig“, weil von göttlicher Herkunft, war; ebenso, daß der Nachweis einer biologischen Abstammung weder möglich noch beabsichtigt sein konnte.
Im antiken Rom lagen die Verhältnisse zunächst etwas anders. „In den griechischen Genealogien wurden die Vorfahren unter Mißachtung ihrer individuellen Züge und Taten heroisiert; der Römer schätzte dagegen die individuelle Leistung für die Gesellschaft. Verdienste im religiösen, im staatlichen und militärischen Bereich eines Ahnen wurden auf das Geschlecht übertragen, das noch in späteren Generationen daraus Nutzen zog“ (Henning/Ribbe). Mit der griechischen Kultur übernahmen jedoch auch altadelige römische Familien die Gier nach Ahnen, Stammvätern und -müttern aus mythischer Zeit. Ein wichtiger Aspekt der römischen Genealogie war es, daß als Ahnen nicht nur die biologischen Vorfahren galten, sondern daß man auch durch Adoption die ganze Ahnenreihe seines Ziehvaters erbte. Berühmtestes Beispiel hierfür ist der Kaiser Octavian Augustus, der Adoptivsohn des Diktators Gaius Julius Caesar. Augustus war es schließlich, der durch rigorose Ehegesetze eine neue Ära im Verwandtschaftswesen des römischen Kaiserreiches einleitete, indem er z. B. für Blutsverwandte ein Eheschließungsverbot erließ. Wie vieles aus dem antiken römischen Recht fanden auch diese Bestimmungen Eingang zunächst in das kirchliche, das sogenannte kanonische Recht, und schließlich auch in das Recht des Deutschen Reiches.
Dabei herrschte in Germanien eine grundlegend andere Auffassung als im griechisch-römischen Kulturkreis. Die germanische Sippe beruhte praktisch ausschließlich auf der Blutsverwandtschaft. Auch hier versuchten mythische Erzählungen, die eigene Sippe durch Ahnenreihen in Verbindung mit göttlichen Vorfahren und Helden zu setzen. Betrachtet man Beispiele wie die Vorrede zum lateinischen Gesetzbuch des Langobardenkönigs Rothari von 643, wo er seine Familiengeschichte beschwört, so erweist sich, daß das Ansehen des Königs auf der Herkunft von seinem Vater, seiner Familie, letztlich einem Gott beruht. Die ganze Familiengeschichte lebt in der Person des Stammesoberhauptes weiter und sichert über Mord, Umsturz und alle Wechselfälle der Geschichte hinweg das geordnete Zusammenleben; die Rechtsordnung der Sippe wurzelt also im sakralen Mythos (Borst). Sinn der Genealogie ist es also, vereinfacht gesagt, die Festigkeit der bestehenden Lebensformen zu garantieren. Daß hierbei historische Fakten nicht im Vordergrund stehen, liegt auf der Hand. Erst mit der „Gotengeschichte“ des Jordanes aus dem Jahr 550 kann man ansatzweise von genealogischer Forschung in dem Sinne sprechen, daß geschichtliche Wahrheit zumindest mit beabsichtigt war.
Charakteristisch für das Mittelalter ist die Tatsache, daß genealogische Arbeiten meist im Rahmen von Literaturgattungen wie Annalen und Chroniken auftauchen. Zunächst waren es ganze Volksstämme, deren Abstammungslinien behandelt wurden, dann einzelne Herrscherhäuser und später einzelne Herrschergestalten; schließlich interessierten sich auch niedrigere Adelsschichten für ihre Familiengeschichte. Freilich änderte sich dadurch an der Grundtendenz der Genealogie wenig: Man gebrauchte sie als Mittel zur Festigung des eigenen Machtanspruches, egal auf welcher Ebene dieser angesiedelt war; Fälschungen waren daher wohl an der Tagesordnung, auch wenn sie nicht als Delikt im strafrechtlichen Sinn betrachtet wurden. Wenn bei der Bewerbung um Ämter eine Ahnenprobe zum Nachweis freier oder adeliger Abstammung verlangt war, mag dies aus heutiger Sicht noch einleuchten; daß selbst die Teilnahme an Turnieren von einer Ahnenprobe abhing, mutet hingegen eher merkwürdig an, doch entspricht dies genau dem Ziel einer Abgrenzung der verschiedenen Gesellschaftsschichten voneinander.

 
2.3. Neuzeit
Die Neuzeit schließlich brachte den Beginn dessen, was man als genealogische Forschung nach heutigem Wissenschaftsverständnis bezeichnen kann. Einer der ersten Vertreter dieser Literatur war Ladislaus Suntheim (ca. 1440-1513) mit seinem Werk über die Häuser Habsburg und Babenberg. Waren zunächst nur adelige Geschlechter Gegenstand der Forschung, so richtete sich das Interesse ab etwa 1600 auch mehr und mehr auf die Geschichte bürgerlicher Familien. Die Genealogie wurde Lehrfach an den Universitäten, Historiker und Juristen waren ihre Hauptvertreter. Das 1788 erschienene Buch des Göttinger Historikers Johann Christoph Gatterer (1727-1799) „Abriß der Genealogie“ gilt als die erste systematische Darstellung der Genealogie, auch wenn seine Bedeutung erst Jahrzehnte später gewürdigt wurde. Von ihm stammt auch die Definition der Genealogie als der „Darstellung aller von einem und ebendemselben Vater abstammenden Personen, entweder der männlichen allein oder der männlichen und weiblichen zusammen“.
Die französische Revolution von 1789 und die mit ihr einhergehende Entmachtung des Adels bescherte der bis dahin sehr auf Adelsgeschlechter fixierten Genealogie einen enormen Bedeutungsverlust, obwohl gerade die Einführung der staatlichen Registrierung von Personenstandsangelegenheiten durch die Napoleonische Regierung eine bedeutende Grundlage für nachfolgende genealogische Tätigkeiten erst schuf. Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erlebte die Genealogie eine neue Blüte, die sich in der Gründung der heraldischen Gesellschaften „Herold“ (Berlin 1869) und „Adler“ (Wien 1870) manifestierte. Gleichzeitig wurde immer deutlicher, daß sich die Genealogie in zwei Lager spaltete. Der Genealoge Stephan Kekulé von Stradonitz, dem das heute meist angewandte System zur Nummerierung von Ahnenreihen zugeschrieben wird, gilt als Vertreter einer soziologisch und historisch orientierten Genealogie, bei der eine umfassende Familienkunde und die praktischen Probleme der Forschung im Vordergrund standen; der Historiker Ottokar Lorenz vertrat eine naturwissenschaftlich ausgerichtete, auf der Evolutionstheorie und Vererbungslehre basierende Genealogie, die zu einem bloßen Hilfsmittel der Humangenetik zu werden drohte. Aus heutiger Sicht kann zudem festgestellt werden, daß gerade auf dieser Richtung auch das genealogische Denken der nationalsozialistischen Rassen-Ideologie basierte. Wie schon in Mittelalter und Antike wurde auch hier die Genealogie zum Mittel der Abgrenzung; was war ein Ariernachweis anderes als die Ahnenprobe des Mittelalters? Das schon 1934 eingerichtete Amt für Sippenforschung der NSDAP, später umbenannt in Reichsstelle für Sippenforschung und schließlich 1941 in Reichssippenamt, besorgte die Gleichschaltung und ideologisch korrekte Ausrichtung aller familienkundlichen Aktivitäten, die es bis dahin in Deutschland gab. Hier liegt der Grund für die große Abneigung, mit dem man der Familienforschung nach dem zweiten Weltkrieg in Deutschland begegnete.
Nach 1945 konnten die verschiedenen familienkundlichen Einrichtungen nur langsam wieder Tritt fassen; die Nachkriegsgenealogie erhielt gerade durch die zahllosen Vertriebenen neue Impulse. Zudem wurde der Schwerpunkt genealogischer Arbeit nun klar auf sozial- und regionalgeschichtliche Aspekte gelegt, während die naturwissenschaftliche Richtung weitgehend abgelehnt wurde. Seit den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts ist ein ständig wachsende Interesse an der privaten Familienforschung zu verzeichnen, das durch die immer besser zugänglichen Quellen und die neuen Bearbeitungsmöglichkeiten durch EDV noch verstärkt wird und an den stetig wachsenden Benutzerzahlen z. B. in kirchlichen Archiven abzulesen ist. Nicht mehr nur Adel und Bürgergeschlechter, auch die Lebensgeschichten sogenannter „einfacher“ Leute wie Handwerker- und Bauernfamilien werden nun für wert befunden, erforscht zu werden; und groß ist meist der Stolz, wenn es möglich ist nachzuweisen, daß z. B. ein Bauernhof schon seit vielen Generationen in Familienbesitz ist, oder daß in der Familien ein bestimmtes Handwerk schon eine lange Tradition hat.
In Zukunft wird es für den Familienforscher in mancher Hinsicht einfacher werden, seine Familiengeschichte auf die Spur zu kommen. Die Erfassung wichtiger Quellen in Computer-Datenbanken ist bereits teilweise erfolgt und wird mit Sicherheit schnelle Fortschritte machen. Die Dokumentation von Biografien ist durch die moderne staatliche und kirchliche Verwaltung fast lückenlos. Und trotzdem: jede Familie ist so einzigartig wie jedes einzelne ihrer Mitglieder; und weil der Mensch eben nicht über Jahrhunderte hin immer gleich ist, wird es in jeder, aber auch wirklich jeder Familiengeschichte irgendwo Überraschendes, Besonderes, Unvermutetes geben. Und dieses Besondere zu entdecken, das meine Familie (und dadurch auch mich) aus dem Durchschnitt heraushebt, macht den großen Reiz der Ahnenforschung aus.

 
3. Arbeitstechniken der Ahnenforschung
Vereinfacht gesagt läßt sich die Arbeitsweise der privaten Ahnenforschung auf vier grundlegende Schritte reduzieren, die im folgenden etwas erläutert werden sollen, nämlich sammeln – auswerten – dokumentieren – veröffentlichen.

 
3.1. Sammeln
Wie bei vielen Hobbies ist bei der Ahnenforschung das Sammeln der Ausgangspunkt allen Bemühens; zugleich stellt sich auch hier als erstes die Frage, was überhaupt sammlungswürdig und was als Quelle für Familienforschung brauchbar ist. Informationen finden sich erfahrungsgemäß hauptsächlich in den nachfolgend genannten Bereichen.
Mündliche Überlieferungen: was alte Familienmitglieder aus ihrer Erinnerung noch an Einzelheiten berichten können, geht oft weit über alles hinaus, was sich anhand von schriftlichen Unterlagen jemals ermitteln läßt. Vor allem alltägliche Vorkommnisse, die in keinem Kirchenbuch oder Standesamtsregister aufgezeichnet werden, können durch solcher Berichte vor dem Vergessenwerden bewahrt werden.
 
Ein wunderbares Beispiel hierfür liefert der bekannte bayerische Volksmusikant und Gstanzlsänger Roider Jackl aus Weihmichl bei Landshut. Daß er am 17. Juni 1906 als sechzehntes und letztes Kind des Kleinbauern und Webers Johann Baptist Roider und seiner Frau Franziska geboren wurde, ließe sich anhand einer standesamtlichen Urkunde ermitteln, wahrscheinlich sogar die Uhrzeit seiner Geburt; auch der Tauftag sowie sein Taufpate könnten durch einen Blick in die Pfarrmatrikel festgestellt werden. Doch wie wenig verraten diese dürren Zahlen über das damalige freudige Ereignis, verglichen mit den Schilderungen seiner Mutter über die Umstände seiner Geburt:
„Am Pranga-Sunnta ... hab i in da Früah no gar net dro denkt, daß ma mia auf d‘ Nacht scho um an Buam mehra hom kaanntn. I hab an Vatern de zwoa kleanan, d‘ Lena und an Wastl, zammagricht, damit ers‘ in d‘ Prozession mitnehma hat kinna. Wia alls ausn Haus gwen is, hob i des Gröba no schnell a bissl zammagramt ... und nach hab i ‘s Kocha ogfangt. Und mittn unterm Knödleilegn, grad wias beim zwoatn Evangelium ‘s drittemal gschossn ghabt ham, is de Sach mit dir auf aramal gehat wordn. Bald waar i nimma in d‘ Kamma num kemma und bis i ‘s Gwand obabracht hab, bist scho da gwen aa.“ (nach Seefelder)
Private Aufzeichnungen: Diese haben zwar Seltenheitswert, sind aber dafür eine umso wertvollere Quelle für die Familiengeschichte; zu denken ist hier in erster Linie an Tagebücher. Sie kommen der mündlichen Überlieferung gleich, was ihren Wert für die Rekonstruktion des alltäglichen Lebens vergangener Zeiten betrifft; zudem verraten sie viel über die Persönlichkeit des Verfassers, was sich aus anderen Quellen niemals erschließen läßt.
Fotografien: Die Kunst, Momente auf Papier für alle Zeiten festzuhalten, existiert erst seit ca. 150 Jahren, ist aber seither nicht mehr aus der Familienforschung wegzudenken. Gerade in den Anfängen der Fotografie waren es oft besondere Anlässe wie z. B. Hochzeiten, zu denen man die doch recht hohen Kosten für einen Fotografen zu tragen bereit war. Die abgebildeten Personen sicher zu identifizieren, stellt jedoch oft ein Problem dar.
Sonstige „dingliche“ Quellen: Auch andere Dinge als schriftliche oder bildliche Unterlagen können für den Ahnenforscher zu Quellen seiner Arbeit werden und Licht in die Lebensumstände seiner Vorfahren bringen. Genannt seien hier z. B. Kleidungsstücke und Schmuck (der oft über Generationen vererbt wird), aber auch Möbel, Waffen, Orden; schließlich kann auch ein Haus zur Quelle für weitere Forschungen werden, wenn sich etwa im Zuge einer Renovierung Zeugnisse für das Alter des Gebäudes finden lassen (z. B. ein überputzter Türstock mit eingemeißelter Jahreszahl o. ä.).
Nachlässe: Oft stellt sich erst beim Tod eines Familienmitgliedes heraus, daß der Verstorbene eine größere Anzahl z. B. an Briefen, Fotografien, Tagebüchern u. ä. hinterlassen hat. Man sollte wo immer möglich versuchen, derartige Sammlungen komplett zu erhalten, da gerade die Vielfalt der darin enthaltenen Fundstücke von großem Wert ist. Nicht nur für den privaten Familienforscher, sondern auch für den Volkskundler oder Soziologen erweisen sich solche privaten Nachlässe oft als eine Fundgrube ungeahnten Ausmaßes.
Privatarchive: Bei Privatpersonen eher selten findet man mehrere der bisher genannten Quellenarten vereint in einem regelrechten (geordneten) Archiv. Wo ein solches vorhanden ist, bildet es natürlich einen unvergleichlichen Schatz für eigene Forschungen. Häufiger tritt eine derartige Sammlung von wichtigen Unterlagen bei alteingesessenen Firmen auf; schließlich gehören auch die (fachmännisch betreuten) Firmenarchive der heutigen Großkonzerne zur Kategorie der Privatarchive. Und nicht zuletzt sind es immer noch Adelsfamilien, die in der Regel über gut organisierte und umfangreiche Sammlungen von großem historischem Wert verfügen, seien es nun schriftliche Unterlagen, Bilder- und Fotosammlungen oder andere Zeugnisse mehr oder weniger ruhmreicher Vergangenheit.
Öffentliche Quellen sind unverzichtbarer Bestandteil genealogischer Arbeit und stellen den Hauptanteil an Informationen zur Verfügung, da sie meist in ältere Zeiten zurückreichen. Zugleich haben sie den Vorteil, daß sie meistens „objektiv“, d. h. ohne direkte Einflußnahme der betroffenen Personen entstanden sind und daher unbefangener berichten als z. B. ein Tagebuch:
Standesämter: Für eine Familienforschung, die von unserer Zeit ausgeht, sind die erste und wichtigste öffentliche Quelle der Forschung die Personenstandsunterlagen der Standesämter. Wie schon erwähnt, wurde schon unter Napoleonischer Verwaltung die Zivilehe und die standesamtliche Beurkundung des Personenstandes eingeführt, doch erst das "Reichsgesetz über die Beurkundung des Personenstandes und der Eheschließung" vom 6.2.1875 führte zum 1. Januar 1876 das Standesamtswesen für das gesamte Deutsche Reich verbindlich ein. In Österreich trat dieses Gesetz 1938 nach dem Anschluß Österreichs an das Deutsche Reich in Kraft. Der Staat protokolliert in diesen Ämtern alle Geburten, Ziviltrauungen und Sterbefälle, aber auch Adoptionen, Namensänderungen, Scheidungen, Kirchenaustritte, und sogar Geschlechtsumwandlungen, kurz alles, was irgendwie mit dem persönlichen Rechtsstatus eines Bürgers zusammenhängt. Aus diesem Grund ist es in Deutschland auch nur unter strengen Auflagen möglich, Auskünfte aus dem Datenbestand eines Standesamtes zu erhalten. Die Bedingungen sind im § 61 des Personenstandsgesetzes genau geregelt. Für den privaten Forscher ist wichtig zu wissen, daß nur Personen auskunftsberechtigt sind, die mit der gesuchten Person in direkter Linie verwandt sind (also Kinder, Enkel, Eltern, Großeltern etc.) – keine Tanten und Onkel; ansonsten ist nur noch der rechtmäßige Ehegatte des Betroffenen berechtigt, Angaben über seinen Partner einzuholen, nicht aber über dessen Vorfahren.
Grundsätzlich wird jedes Ereignis in dem Standesamtsbezirk beurkundet, in dem es stattfand. Seit 1935 werden dabei Randvermerke (etwa über die erfolgte Eheschließung oder den Tod) aufgenommen, so daß eine Person auch bei wechselnden Wohnorten zurückverfolgt werden kann. Heute gibt es daneben für jede Familie ein sogenanntes Familienbuch, das mit der Eheschließung angelegt wird und im jeweiligen Wohnsitzstandesamt geführt und ergänzt wird.
Pfarrämter: Während die staatlichen Ämter den zivilrechtlichen Personenstand beurkunden, also Geburt, Ziviltrauung, Tod, werden die kirchenrechtlichen Personenstandsereignisse bei den jeweiligen Pfarrämtern beurkundet. Katholischerseits sind dies heute Taufe, Firmung, kirchliche Eheschließung und kirchliche Beerdigung, vermerkt werden gegebenenfalls auch Annullierung oder Auflösung einer Ehe durch das zuständige Ehegericht; protestantischerseits Taufe, Konfirmation, kirchliche Eheschließung und kirchliche Beerdigung. Da jedoch die kirchlichen Unterlagen oft (heute sogar immer) auch Angaben zu den entsprechenden „zivilen“ Ereignissen enthalten, sind sie als Forschungsquelle noch immer sehr wertvoll. Allerdings gelten auch hier Datenschutzregeln.
Die ältesten Kirchenbücher sind bereits aus dem 14. Jahrhundert bekannt (Taufen 1305 Cabriêres, Trauungen 1385 Cremona, Beerdigungen 1389 Arezzo). In Deutschland wird erstmals 1533 durch das protestantische landesherrliche Kirchenregiment die Führung von Pfarrbüchern angeordnet, die katholische Kirche schreibt auf dem Konzil von Trient 1563 die Tauf- und Trauungsbücher vor, im Rituale Romanum 1615 dann auch die Beerdigungsbücher. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts erließ auch der Staat immer wieder Vorschriften bezüglich der Matrikelführung und ordnete z. B. an, daß Kopien der Aufzeichnungen an staatliche Stellen abgeführt werden mußten, so daß noch heute in den Staatsarchiven zahlreiche Matrikelzweitschriften zu finden sind. Wo etwa Pfarrhofbrände die originalen Aufzeichnungen vernichteten, sind diese Duplikate heute eine unersetzliche Quelle.
Kirchenarchive:Nicht immer sind die Kirchenbücher einer Pfarrei im Pfarrbüro aufbewahrt. In größeren Städten existieren z. T. sogenannte Matrikelämter, die alle Kirchenbücher der diversen Stadtpfarreien zentral führen und verwalten. Die älteren Pfarrmatrikeln, so der bei uns geläufige Begriff, werden zudem häufig in den jeweiligen Diözesanarchiven zentral aufbewahrt und dort auch der Forschung zugänglich gemacht. Die katholischen Bistümer in Bayern haben ihre historischen Pfarrbücher schon weitgehend eingezogen, während die evangelisch-lutherischen Pfarreien über die Abgabe ihrer Bücher an das zentrale Landeskirchliche Archiv in Regensburg selbständig entscheiden können, weshalb dort zur Zeit nur ein etwa ein Drittel aller Pfarrbücher (ca. 300 Pfarreien) vorhanden ist. Die Benutzung dieser Bestände ist in der Regel jedermann erlaubt und problemlos möglich, der über die nötigen Kenntnisse der Paläographie und der lateinischen Sprache verfügt.
Staatsarchive: Die Personenstandsunterlagen von kirchlichen und staatlichen Behörden bilden nur einen Teil des Aktenmaterials, das für familiengeschichtliche Forschung interessant ist. In ihnen finden sich fast nur Lebensdaten, während z. B. Angaben über Besitz – v. a. Grund- und Immobilienbesitz – dort nur eine marginale Rolle spielen. Dieser Aspekt der familiären Verhältnisse läßt sich in der Regel in den Staatsarchiven untersuchen. Dort findet man unter anderem Unterlagen wie Kataster, Grundbücher und vor allem die wichtigen Briefprotokolle, in denen bis etwa 1800 die beim jeweiligen Landgericht beurkundeten Verträge (Hofübergaben, Erbschaften, Heiratsverträge und dergleichen) in Kopie aufbewahrt wurden.
Weitere Quellen: Schließlich können auch Gemeinde- und Stadtarchive Unterlagen aufbewahren, die für die Ahnenforschung von Wert sind. Zu denken ist in erster Linie an Bürgerbücher, Meldeunterlagen, Steuerlisten und ähnliches. Aber auch Adreßbücher und alte Lokalzeitungen können interessante Hinweise enthalten.
Für alle Quellenarten gilt grundsätzlich: Schreiben Sie sich genauestens auf, wo Sie welche Information gefunden haben! Es gibt nichts Ärgerlicheres, als wenn man eine bestimmte Sache nochmals nachprüfen müßte und nicht mehr weiß, wo sie zu finden ist. Ein gewisses Maß an Pedanterie zahlt sich in diesem Punkt auf jeden Fall aus!
Das Aufbewahren der gesammelten Materialien erfordert unter Umständen besondere Vorkehrungen. Grundsätzlich sollte man sich bemühen, schon bei der Aufbewahrung eine gewisse Ordnung einzuhalten, damit man später bei der Auswertung einzelner Fundstücke diese auch wiederfindet. Die Art und Weise der Aufbewahrung richtet sich dann nach der Beschaffenheit des jeweiligen Objektes:
Alle Arten von Papier sollten unbedingt trocken, licht- und staubgeschützt verwahrt werden. Ein größerer Karton (möglichst aus säurefreiem Papier) mit gut schließendem Deckel tut hier für den Laien bereits gute Dienste. Wegen seiner klimaregulierenden Wirkung eignet sich massives, nicht mit Chemikalien (v. a. nicht mit Formaldehyd) behandeltes Holz (z. B. ein alter, trockener Schrank) besonders gut zur Aufbewahrung. Als Idealwert gilt eine Lufttemperatur von ca. 18°-20° C bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 50-60%; größere Schwankungen sollten dabei vermieden werden.
Dieselben Bedingungen sind auch geeignet für die Aufbewahrung von Pergament, Leder, Holz und Tonbändern; bei letzteren ist darauf zu achten, daß sie nicht in der Nähe von elektromagnetischer Strahlung (z. B. neben Stromkabeln!) deponiert werden. Auch Fotonegative, Dias, Mikrofilme und Schallplatten können unter diesen Bedingungen verwahrt werden.
Auch für Fotografien gelten im allgemeinen diese Regeln, allerdings gibt es dabei gewisse Unterschiede. Während die älteren Schwarz-Weiß-Fotos auf Fotopapier ohne Kunststoffbeschichtung ziemlich unempfindlich sind (wie übrigens auch die alten Aufnahmen aus dem 19. Jahrhundert), haben kunststoffbeschichtete Bilder und Farbfotos eine ziemlich geringe Lebensdauer. Der größte Feind aller Fotografien ist (v. a. ultraviolettes) Licht. Eine absolut lichtgeschützte Lagerung ist daher unbedingt erforderlich.
Eine deutlich niedrigere Temperatur benötigen allerdings Nitrofilme (die bis ca. 1955 verwendeten 35 mm-Filme, die aber im Privatbesitz kaum vorkommen dürften) sowie unbelichtetes Fotomaterial. Hierfür ist ein Kühlschrank erforderlich, da diese Materialien bei 0°-10° C und ca. 40% Luftfeuchtigkeit aufbewahrt werden sollten. Videokassetten verlieren ihre Farb- und Toninformationen auch bei bester Lagerung innerhalb kurzer Zeit (ca. 10 Jahre gelten als mögliche Aufbewahrungszeit); allenfalls durch regelmäßiges Umkopieren auf neue Bänder kann diese Zeitspanne verlängert werden, allerdings mit zwangsläufigen Qualitätsverlusten.
Ein noch weitgehend ungelöstes Problem stellt die Lagerung moderner Speichermedien dar. Computerdisketten und Speicherbänder sind stark durch elektromagnetische Einflüsse gefährdet und verlieren ihre Informationen meist innerhalb weniger Jahre ganz oder zum Teil. CDs, CD-ROMs, DVDs und ähnliche Datenträger haben zwar grundsätzlich eine längere Lebensdauer, allerdings gibt es noch kaum Erfahrungen mit ihrer Archivierung. Es scheint jedoch einiges darauf hinzudeuten, daß auch sie für eine dauerhafte Archivierung (d. h. über mehrere Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte) ziemlich ungeeignet sein dürften - ganz abgesehen davon, daß die zum Lesen notwendige Software oft nach wenigen Jahren schon kaum mehr verfügbar ist. Jüngste Untersuchungen der Deutschen Bibiothek in Berlin haben ergeben, daß CDs teilweise schon nach einem (!) Jahr Lagerung irreparable Datenverluste aufweisen; in besonderem Maß gilt dies für "selbstgebrannte" CDs aus dem eigenen Computer.
Schließlich ist darauf zu achten, daß keine tierischen Besucher sich an den aufbewahrten Gegenständen vergreifen können: Nagetiere, Käfer, Silberfischchen (besonders gefährlich für Papier!), Holz- und Bücherwürmer und Schaben haben in einem Archivschrank nichts zu suchen, während das Auftreten kleiner, spinnenähnlicher Insekten wie der Haus- und Modermilbe oder des Bücherskorpions kein Grund zur Beunruhigung ist, da diese Tierchen Schadinsekten vertilgen.
Ein grundsätzliches Problem bei der Aufbewahrung stellen Metalle dar. Da sie bei den o. g. Umgebungsbedingungen fast grundsätzlich zu rosten beginnen, gilt für Archive eigentlich die Faustregel, daß dort Metalle grundsätzlich nichts zu suchen haben; das gilt für Büro- und Heftklammern ebenso wie für die Metallgestänge in Aktenordnern. Auf keinen Fall sollten daher Metallkassetten als Aufbewahrungsort dienen!

 
3.2. Auswerten
Der nächste und eigentlich interessanteste Schritt in der Forschung ist die Auswertung des gesammelten Materials. Hier sind drei Arbeitsschritte wichtig: die Quellenkritik, die Identifizierung des Inhalts und die Systematisierung.
Quellenkritik bedeutet, sich zu fragen, wie zuverlässig ist die vorhandene Quelle bezüglich der Informationen, die sie mir bietet? Hatte der Verfasser womöglich bestimmte Absichten mit seiner Aufzeichnung verbunden, die den Inhalt verfälschen können, oder handelt es sich um eine weitgehend objektive Quelle? Da der private Ahnenforscher meistens nur mit amtlichen Urkunden zu tun hat, stellt sich die Frage nach der Zuverlässigkeit der Quelle meistens erst dann, wenn Ungereimtheiten in den Aussagen mehrerer Quellen auftreten. Für die Beurteilung des Sachverhaltes sollte dann am besten Personal derjenigen Institution herangezogen werden, welche die Quellen verwaltet, also z. B. das jeweilige Archivpersonal, oder aber externe Spezialisten.
– Die Identifizierung des Inhalts schließlich ist der umfangreichste Arbeitsschritt. Weniger geschwollen ausgedrückt heißt dies, man muß herausbringen, was z. B. in den Schriftstücken drinsteht. Dazu muß man das Schema kennen, nach dem die Aufzeichnungen angefertigt sind, man muß die Schrift entziffern können, und man muß die Sprache verstehen (egal, ob altes Deutsch oder Latein). Schließlich sollte man auch die grundlegenden Rechtsvorschriften im Kopf haben, die für ein beurkundetes Ereignis zum damaligen Zeitpunkt galten. Dies alles sind Kenntnisse, die man nicht von heute auf morgen besitzt, zumal es bislang keine eigentliche Ausbildung zum Genealogen gibt. Vieles kann man sich auch als Laie durch Übung aneignen, wie etwa das Lesen alter Handschriften; aber ab einem gewissen Punkt sind Voraussetzungen erforderlich, die sich nicht jeder erwerben kann. Als Beispiel sei genannt, daß sich zwar mit der Kenntnis einiger „Schlüsselbegriffe“ viele lateinische Einträge wenigstens grob durchschauen lassen; aber spätestens, wenn ein längerer lateinischer Text nicht mehr nur Namen aufzählt, sondern die näheren Umstände erläutert, warum ein Brautpaar die Dispens von einem kirchlichen Ehehindernis benötigte, ist man ohne solide Lateinkenntnisse schnell und im wörtlichsten Sinne mit seinem Latein am Ende; und selbst das einmal mühsam eingepaukte altklassische Schullatein hilft angesichts des in Kirchenbüchern verwendeten Kirchenlateins mit seinen zahlreichen Fachbegriffen nur begrenzt weiter. Hier kann der Punkt kommen, wo es für den Laien sinnvoll ist, einen Teil der Arbeit einem bezahlten Berufsgenealogen zu übertragen, der zwar eine Stange Geld kosten mag, aber für die Richtigkeit der ermittelten Ergebnisse doch eine gewisse (wenn auch nicht hundertprozentige) Gewähr bietet.
– Jede Quelle und ihr Inhalt haben nur solange einen Wert für die Ahnenforschung, wie man auch in der Lage ist, sie systematisch einzuordnen und wiederzufinden. Wie oben schon erwähnt, ist eine genaue Quellenangabe für jeden Fund unerläßlich. Doch auch der Inhalt bedarf der Ordnung. Sehr beliebt und seit langem bewährt sind Familienkarteien, die bei Fachverlagen in beliebiger Anzahl erhältlich sind und in denen für jede einzelne Person alle denkbaren Angaben samt ihren Beziehungen zu anderen Personen festgehalten werden können. Dieselbe Funktion, allerdings mit weitaus größeren Bearbeitungsmöglichkeiten, erfüllen Computerprogramme zur Erfassung der gefundenen Personen.

 
3.3. Dokumentieren
Unabhängig von der äußeren Form, in der Sie Ihre Forschungsergebnisse dokumentieren wollen, sollten Sie unbedingt berücksichtigen, daß derzeit nur ein einziges Medium bekannt ist, das Ihre Daten auf lange Frist (d. h. mehrere Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte) zuverlässig und verlustfrei archivieren kann: das gute alte Papier! (Siehe auch die Hinweise oben unter 3.1. "Aufbewahren"!)
Sichern Sie deshalb all Ihre Daten auf holzfreiem, alterungsbeständigem Papier (die meisten handelsüblichen Qualitäts-Kopierpapiere erfüllen diese Kriterien), das Sie mit dokumentenechten Stiften, Bleistift, Laserdrucker oder Fotokopierer beschriften. Ausdrucke vom Tintenstrahldrucker sind im allgemeinen weder lichtecht noch alterungsbeständig und deshalb ungeeignet. Auch auf dem Computer erfaßte oder auf CD gebrannte Daten sollten Sie unbedingt in Papierform sichern!

Und nun zur Form: Die erwähnten Personenkarteien eignen sich zwar für die Registrierung zahlreicher Einzelangaben zu einer bestimmten Person, die Übersichtlichkeit bezüglich größeren Zusammenhängen läßt dabei aber sehr zu wünschen übrig. Daher kommt der Dokumentation der gewonnenen Daten in einer einheitlichen Form eine große Bedeutung zu. Die Grundentscheidung, auf welche Art die Abstammungen einer Familie widergegeben werden sollen, lautet zunächst: will ich vom jüngsten Sproß ausgehen (= Aszendenz) oder vom ältesten bekannten Glied (= Deszendenz)? Nach dieser Festlegung stehen verschiedene Darstellungsmöglichkeiten zur Verfügung, nämlich für die Aszendenz die Vorfahren- oder Ahnentafel, für die Deszendenz die Nachfahren oder Stammtafel (letztere auch fälschlicherweise „Stammbaum“ genannt).
– Die Vorfahren- oder Ahnentafel geht vom sogenannten Probanden (= Person, deren Ahnen geprüft werden sollen) aus und verfolgt dessen Vater und Mutter zurück, dann jeweils deren Eltern, Großeltern usw. Als Ergebnis entsteht ein regelmäßiges Bild der direkten väterlichen und mütterlichen Vorfahren, ohne die jeweiligen Geschwister. Zweckmäßigerweise numeriert man die Personen durch, was die Verwaltung gerade größerer Datenbestände wesentlich erleichtert. Alle männlichen Personen haben gerade Ordnungszahlen, alle weiblichen Personen ungerade (Ausnahme: Die Person, die den Ausgangspunkt der Ahnentafel bildet, trägt stets die Zahl 1). Der Vater einer Person trägt stets die doppelte Ordnungszahl des Kindes, die Mutter trägt die Ordnungszahl des Vaters plus 1 (zum Beispiel: Kind = 3; Vater = 3 mal 2 = 6; Mutter = 3 mal 2 plus 1 = 7). So lassen sich auch einzelne bekannte Personen in hohen Generationen problemlos zuordnen.
Da diese Ahnentafel wie gesagt eine regelmäßige Form ergibt, kann man dafür auch schematische Vordrucke erwerben, die bis zu acht oder neun Generationen aufnehmen können. Für die repräsentative Darstellung schließlich existieren zahlreiche Ahnentafel-Schmuckblätter.
– Dieselben Daten lassen sich auch in einer Ahnenliste erfassen, die vor allem bei umfangreicheren Datenbeständen größere Spielräume erlaubt.
– Die Nachfahren- oder Stammtafel hingegen beginnt mit der ältesten bekannten (männlichen) Person und deren Geschwistern. Diese werden in der Reihefolge ihrer Geburt aufgelistet, als Generation I geführt und z. B. mit Buchstaben durchnumeriert. Der Sohn des direkten Vorfahren bildet samt seinen Geschwistern die Generation II usw. Hier kann es keine schematische Darstellungsform geben, denn jede Generation besteht aus einer unterschiedlichen Zahl von Geschwistern. Von Stammtafel spricht man, wenn die Darstellung von Oben nach Unten von der ältesten zur jüngsten Person verläuft; vom Stammbaum hingegen, wenn sie von Unten nach Oben vom ältesten zum jüngsten Mitglied verläuft und zudem die direkten Nachfahren jeweils den „Stamm“ des Baumes bilden.
– Ebenso wie die bei der Ahnenliste lassen sich auch die Daten einer Stammtafel in Form einer Stammliste wiedergeben.

 
3.4. Veröffentlichen
Für den fortgeschrittenen Familienforscher gibt es schließlich die Möglichkeit, seine Forschungsergebnisse nicht nur im engen Familienkreis bekannt zu machen, sondern sie in geeigneter Form zu veröffentlichen. Dies lohnt sich vor allem dann, wenn die Arbeit für einen größeren Kreis von Personen von Interesse ist (z. B. bei Heimatvertriebenen, die aus derselben Ortschaft stammen und wahrscheinlich eine größere Anzahl von Vorfahren gemeinsam haben). Je nach inhaltlichem Schwerpunkt unterscheidet man üblicherweise:
Familienbücher, die die Geschichte einer einzelnen Familie umfassend beschreiben, die also nicht nur die Lebensdaten der Personen enthalten, sondern auch eine Vielzahl sonstiger Angaben, oft Fotos und Andekdoten;
Häuserbücher beschreiben die Geschichte eines bestimmten Hauses, z. B. eines Bauernhofes, und dokumentieren deren (womöglich wechselnde) Besitzer im Laufe der Jahrhunderte, wobei deren Lebensdaten natürlich nicht fehlen dürfen;
Ortsbücher schließlich erfassen die oben genannten Daten zu allen Häusern und ansässigen Familien eines ganzen Ortes; daß wegen der Überfülle von Daten eine wirklich vollständige Darstellung nur in den seltensten Fällen möglich sein wird, liegt auf der Hand.

 
4. Hilfsmittel
Auch in der Ahnenforschung ist es nicht möglich, alle notwendigen Kenntnisse stets auswendig parat zu haben. Zum Glück existieren für den Genealogen zahlreiche oder vielmehr zahllose Möglichkeiten, sich mit Wissen aus zweiter Hand zu versorgen.

 
4.1. Bücher
Unerläßliche Hilfsmittel sind Nachschlagewerke, die in den meisten Archiven in einer Handbibliothek verfügbar sind.
– Fachbücher zur Familienforschung gibt es mittlerweile eine ganze Reihe, die alle mehr oder weniger gut geeignet sind, sich mit den Grundkenntnissen vertraut zu machen. Die meisten davon sind ausdrücklich für den Laien verfaßt, es gibt aber auch anspruchsvollere Werke wie das Handbuch der Genealogie von Henning / Eckart, in dem zahlreiche Wissenschaftler Beiträge aus ihren Fachgebieten verfaßt haben.
– Für die eigentliche Forschungsarbeit unentbehrlich sind Ortslexika, denn die genaue Identifizierung des Wohnortes ist wichtiger für das Auffinden eines Ahnen als etwa sein genaues Geburtsdatum. Für unseren Bereich ist z. B. das Amtliche Ortsverzeichnis für Bayern in seinen verschiedenen Ausgaben zu nennen, das alle amtlich benannten Orte und Ortsteile des Freistaates benennt, samt ihrer Zugehörigkeit zu den verschiedenen Verwaltungseinheiten. Für Forschungen vor dem 20. Jahrhundert ist vor allem das "Vollständige Ortschaftenverzeichnis des Königreichs Bayern von 1877" hilfreich, in dem auch noch die Pfarreizugehörigkeit jedes Ortes erwähnt wurde.
Nicht nur für den staatlichen Bereich, auch für die kirchlichen Gliederungen gibt es solche Ortsverzeichnisse, in denen die Pfarreizugehörigkeit jedes einzelnen Ortes angegeben ist.
– Die zweite wichtige Gruppe von Nachschlagewerken betrifft die Sprache und Schrift früherer Zeiten. Schrifttafeln geben z. B. einen Überblick über die Wandlung in der Schreibweise während verschiedener Jahrhunderte und ermöglichen durch Vergleich eine Entzifferung auch schwieriger Fälle. Abkürzungsverzeichnisse helfen bei der Auflösung und richtigen Interpretation der in alten Handschriften sehr zahlreich vorkommenden Kürzel. Wörterbücher schließlich erschließen fremdsprachige Texte und ersparen einem das Auswendiglernen z. B. der zahllosen verschiedenen Berufsbezeichnungen.
Beispiele:
  • Puchner, Karl / Stadler, Klemens Josef, Lateinische Berufsbezeichnungen in Pfarrmatrikeln und sonstigen orts- und familiengeschichtlichen Quellen, Hirschenhausen, 2. Aufl. 1936 (vergriffen, in den meisten Archiven vorhanden - auf dieser Website kostenlos unter dem Link "Berufslexikon"!)
  • Sleumer, Albert, Kirchenlateinisches Wörterbuch, Limburg 1926, Nachdruck Hildesheim/Zürich/New York 1990 (in den meisten Archiven vohanden)
– Schließlich gibt es für fast jedes Teilgebiet und jede auftretende Frage auch ein entsprechende Buch, man muß es nur finden. Hilfreich ist hier oft die Nachfrage bei kirchlichen und staatlichen Archiven, wo man meist bereitwillig Auskunft erhält.

 
4.2. Vereine
Natürlich gibt es auch für den privaten Ahnenforscher die Möglichkeit, sich in der Nähe seines Wohnortes einem Verein Gleichgesinnter anzuschließen. In Bayern sind es vor allem der Bayerische Landesverein für Familienkunde sowie eine Vielzahl regionaler Zusammenschlüsse, die die Ahnenforschung als Hobby pflegen und deren Mitglieder sich gegenseitig in ihrer Arbeit unterstützen.
Außerdem existieren auch für eine ganze Reihe von Spezialgebieten eigene Vereine, wie für die Computergenealogie oder die Forschung in ehemaligen deutschen Siedlungsgebieten.

 
4.3. Computerprogramme
Wie schon erwähnt, können heute gute Computerprogramme einen wichtigen Beitrag zur Erfassung und Systematisierung der gefundenen Daten liefern und eine Menge Papierkram ersparen. Allerdings gibt es auch hier sehr unterschiedliche Qualitäten in der Software, und die Geschwindigkeit, mit der neue oder verbesserte Versionen auf den Markt kommen, ist ähnlich hoch wie im übrigen EDV-Bereich. Es lohnt sich bei Interesse unbedingt, z. B. über einen Verein mit Forschern in Kontakt zu treten, die bereits längere Erfahrung mit dieser Materie haben und sicher bereit sind, einem Neuling beratend zur Seite zu stehen.

 
4.4. Datenbanken
Eine relativ neue Entwicklung sind genealogische Datenbanken, die in den letzten Jahren zunehmend angelegt werden und teilweise schon über das Internet abgefragt werden können. In ihnen sind Angaben zu bestimmten Personenkreisen (wechselnd je nach Quelle) enthalten, die standardisiert über eine Suchmaske ausgewertet werden können.
Eine der größten Datenbanken ist diejenige der Mormonen in Salt Lake City. Sie enthält über 650 Millionen verzeichnete Namen, die aus den Akten stammen, die die Mormonen in jahrzehntelanger Tätigkeit auf der ganzen Welt gesammelt und verfilmt und schließlich in eine Datenbank eingespeist haben. Gerade für unseren ostbayerischen Raum bringt dieser Bestand allerdings wenig, da die Bistümer Passau und Regensburg ihre Kirchenbücher nicht für eine entsprechende Bearbeitung zur Verfügung stellen.
Das Bistum Passau beschreitet seit einigen Jahren einen eigenen Weg, indem es eine Datenbank zur Erfassung aller im Diözesanarchiv lagernden Kirchenbücher entwickelt, die die bisherigen Probleme (zu lange Eingabezeiten, Ungenauigkeit bei Standardisierung) durch eine intelligente programmgestützte Erfassung zu vermeiden sucht. Die bisherigen Erfolge lassen die berechtigte Hoffnung zu, daß dieser Weg einen Meilenstein in der genealogischen Datenbanktechnik bilden kann.

 
4.5. Internet
Das Zauberwort Internet schließlich darf hier ebenfalls nicht unerwähnt bleiben. Seine Fähigkeiten, was die Ahnenforschung betrifft, müssen allerdings realistisch eingeschätzt werden. Wenn man z. B. über die Suchmaschine Google das Stichwort "Genealogie" (in deutscher Schreibweise) abfragt, erhält man eine Quote von ca. 105 Millionen Treffern (vor etwa 10 Jahren waren es erst 300.000!), beim englischen "genealogy" dagegen sind es bereits fast 535 Millionen (!) Treffer (vor etwa 10 Jahren ca. 31 Millionen). In dieser Masse genau das zu finden, was für einen selbst brauchbar ist, scheint fast unmöglich. Es ist daher sinnvoll, über größere genealogische Seiten sich zu einzelnen Bereichen „durchzusurfen“.
Ansonsten ist das Internet natürlich eine hervorragende Quelle, wenn man es wie ein überdimensionales Lexikon verwendet. Ob die Anschrift eines Kirchenarchivs oder die Bedeutung eines Fachbegriffs, ob unbekannter Ortsname oder Ahnentafelvordruck, beinahe jedes Stichwort führt bei der Eingabe in eine der zahlreichen Suchmaschinen zu einer mehr oder minder großen Anzahl von Treffern. Daraus die brauchbaren auszuwählen, ist oft ein Geduldsspiel.
Nichtsdestotrotz gilt aber gerade im Internet die alte Historikerweisheit: "Quod non est in actis, non est in mundo" - "Was nicht in den Akten steht, existiert nicht", oder frei übertragen etwa "Als Forscher bist der letzte Depp, wenn's gar nix gibt im WorldWideWeb ..."
Schließlich findet man im Internet unzählige private Homepages, auf denen Familien ihre Genealogie vorstellen und Kontakte zu Gleichgesinnten suchen.

 
5. Literatur
  • Bahn, Peter, Familienforschung – Ahnentafel – Wappenkunde. Wege zur eigenen Familienchronik, Niederhausen/Ts. 1994
  • Borst, Arno, Lebensformen im Mittelalter, Frankfurt/M / Berlin 1979
  • Burkert, W., Art. Genealogiai, in: Andresen u. a. (Hg.), Lexikon der Alten Welt, Bd. 1, Augsburg 1995, 1040f
  • Gemoll, Wilhelm, Griechisch-deutsches Schul- und Handwörterbuch, München / Wien (9) 1965 (Nachdruck 1985)
  • Grotefend, Hermann, Taschenbuch der Zeitrechnung des deutschen Mittelalters und der Neuzeit, Hannover (13) 1991
  • Heinisch, Paul, Art. Geschlechtsregister, in: Buchberger, Michael (Hg.), Lexikon für Theologie und Kirche Bd. 4, Freiburg i. Br. 1932, 452f
  • Henning, Eckart / Ribbe, Wolfgang (Hg.), Handbuch der Genealogie, Neustadt a. d. Aisch 1972
  • Kaiser, Agathe Franziska / Linder, Erich Dieter, Familiengeschichte und Wappenkunde. Ein Wegweiser zur Genealogie und Heraldik, Augsburg 1994
  • Kinder, Hermann / Hilgemann, Werner, dtv-Atlas zur Weltgeschichte. Karten und chronologischer Abriß, 2 Bde., München (22) 1987 bzw. (16) 1981
  • Pies, Eike, Abenteuer Ahnenforschung. Das praktische Handbuch für Einsteiger und Profis, Solingen (2) 1999
  • Ribbe, Wolfgang / Henning, Eckart, Taschenbuch für Familiengeschichtsforschung, Neustadt a. d. Aisch (8) 1975
  • Seefelder, Maximilian, Der Roider Jackl. Volkssänger, Gstanzlsänger, Kommentator (1906-1975), in: Booklet zur CD Roider Jackl. 1: Die frühen Jahre: Lieder, Gstanzl, Erzählungen, Rottach-Egern [2001]
  • Sleumer, Albert, Kirchenlateinisches Wörterbuch, Limburg a. d. Lahn (2) 1926 (Nachdruck Hildesheim / Zürich / New York 1990)
  • Staab, Karl, Das Evangelium nach Lukas („Echter-Bibel“), Würzburg 1956
  • Staab, Karl, Das Evangelium nach Matthäus („Echter-Bibel“), Würzburg 1951

  • Wimmer-Webhofer, Erika, Die Konservierung von Archivalien in Literaturarchiven. Empfehlungen zur Lagerung, Benützung und Sicherung von Nachlässen, München / New York / London / Paris 1989